Kurier.at, 3.6.2012

Trotz Straffreiheit ein Tabuthema
Ein neuer Film rückt die Zeit vor 1975 ins Bild. Frauen erzählen über Ängste, Demütigung und was heute noch zu ändern wäre.

Auf dem Küchentisch der elterlichen Wohnung im Gemeindebau von einem unbekannten Arzt behandelt: Elisabeth Haidler, SPÖ-Bezirksrätin in Wien, unterzog sich 1959, mit 18 Jahren, einem – damals illegalen – Schwangerschaftsabbruch. “Diese Angst, die man damals haben musste! Dass der Arzt verhaftet wird, dass man selber verhaftet wird, dass es wer erzählt. Das kann sich heute niemand mehr vorstellen.”
Genau deshalb entschloss sie sich, ihre Erinnerungen der Regisseurin und ORF-Journalistin Susanne Riegler zu erzählen. “Die Jungen wissen heute nicht mehr, wofür gekämpft wurde.” Der Dokumentarfilm “Der lange Arm der Kaiserin” zeichnet die Geschichte der Abtreibung in Österreich nach. Damit wird so etwas wie eine thematische Lücke geschlossen. Denn seit Einführung der Pille in den 1960er-Jahren und der Straffreiheit für Abtreibungen seit 1975 treten die früheren, ins Kriminal gerückten, Umstände ungewollter Schwangerschaften in den Hintergrund. Haidler: “Ich wünsche mir aber, dass diese Geschichten wirklich Geschichte bleiben.”
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